Französische Kanuten abermals zu Gast in Rheine

Trainingslager mit Geschichtserlebnis

besuch kriegerehrenmal thieberg  rheine                    Foto: Sven Rapreger/Münsterländische Volkszeitung

In der vergangenen Woche weilte zum zweiten Mal eine Delegation von 28 jungen Sportlern samt Betreuern aus St. Laurent-Blangy zu einem Trainingslager in Rheine. Die Kanuten aus der Kleinstadt bei Arras im Departement Pas-de-Calais erwiderten nach überaus positiven Eindrücken bei ihrem Besuch im Oktober 2018 einen Trainingsaufenthalt eines Teams vom WSV Rheine im April dieses Jahres in St. Laurent-Blangy. Zustande gekommen waren die gegenseitigen Besuche im November 2017, als eine kleine NRW-Delegation an einer internationalen Gedenkregatta zum 100. Jahrestag der erbitterten Befreiungskämpfe während der Schlacht um Arras im 1. Weltkrieg teilnahm.

Mit ihrem Aufenthalt in der Stadt an der Ems knüpften die französischen Gäste an das bewährte Programm ihres Aufenthaltes vom Vorjahr an, diesmal jedoch bei deutlich besseren Rahmenbedingungen mit „genialem Wetter“, wie WSV-Rennsportwart Reinhard Ross berichtete. Neben gemeinsamen Trainingseinheiten mit den WSV-Nachwuchssportlern bildeten wiederum ein kleiner Wettkampf mit „Elefantenrennen“ gemischter Mannschaften im Großcanadier, ein Barbecue-Abend, eine Stadtführung sowie ein Besuch des Rheiner Naturzoos die Höhepunkte. Zudem hatte sich der WSV Rheine einen besonderen „Ausflug in die Geschichte“ ausgedacht: Ähnlich wie im November 2017, als die Regattateilnehmer bei Arras ein Ehrenmal zum Andenken an die Tausenden Opfer des 1. Weltkrieges besuchten, spazierten die jungen Gäste aus Frankreich mit den deutschen Gastgebern zum Kriegerehrenmal an der Hünenborg auf dem Thieberg im Rheiner Stadtteil Wadelheim. Zur großen Überraschung der Kanuten aus der Region Arras lasen sie dort in großen Lettern den Namen ihres Verwaltungszentrums auf dem Steinbogen des Denkmals. Auch in Rheine wird die Erinnerung an die Geschehnisse vor über 100 Jahren in Arras als Mahnung und Verpflichtung wachgehalten – ein Beleg für die verbindende Historie beider Städte, den die jungen Gäste aus Frankreich so nicht erwartet hatten.

artikel rheine zeitung

Dies sowie die vielen gemeinsamen Erlebnisse während des 5-tägigen Besuches trugen dazu bei, dass die Bande zwischen den deutschen und den französischen Kanusportlern – die im letzten Jahr noch als zartes Pflänzchen zaghaft zu sprießen begannen – diesmal schon viel stärker spürbar waren. Das lässt sich auch daran ablesen, dass die jungen WSV-Sportler nach dem Barbecue um Erlaubnis baten, an der Feuerstelle des Vereins ein Lagerfeuer entfachen zu dürfen, um mit ihren französischen Freunden noch etwas zu „klönen“. Dank der Französisch-Grundkenntnisse von zwei WSV-Athleten und recht passabler Deutsch-Kenntnisse dreier Teilnehmer der Delegation aus St. Laurent sowie mit Hilfe der englischen Sprache funktionierte dies recht gut. Auch das tägliche gemeinsame Frühstück mit dem WSV-Vorsitzenden Markus Droste und Reinhard Ross im Begegnungszentrum in Salzbergen, wo die Gäste vom ASL Canoe/Kayak St. Laurent-Blangy dank des Entgegenkommens des Pfarrers, eines ehemaligen Kanuten, Unterkunft gefunden hatten, trug zur gemeinsamen Verständigung bei. „Es macht Spaß, die Tage gemeinsam mit den französischen Sportlern und Betreuern verbringen zu können“, äußerte Reinhard Ross und nannte einen wesentlichen Grund für diese erfreuliche Entwicklung: „Wir spüren, dass unsere Vereine gleich ticken. Das Herangehen in der Nachwuchsarbeit ist sehr ähnlich, woraus sich viele Gemeinsamkeiten ergeben und letztlich auch ein großes Maß an Vertrauen entsteht“, so der WSV-Rennsportwart. Wie wertvoll solches Vertrauen sein kann, sollte sich zum Abschluss des gemeinsamen Trainingscamps noch zeigen: Als der in Frankreich für die Fahrt nach Deutschland gemietete Kleinbus der Gäste kurz vor der Abreise kaputt ging und in die Werkstatt musste, schien der Rücktransport eines Teils der Kinder nach St. Laurent gefährdet. Die Rheiner zögerten nicht lange und boten den WSV-Vereinsbus als Ersatz an. Zwar musste diese Lösung am Ende nicht bemüht werden, da es doch noch gelang, ein geeignetes Fahrzeug im Münster zu mieten, das Angebot der WSV-Führung aber fand außerordentlich große Wertschätzung bei den französischen Gästen. Die sind letztlich alle wieder gut in ihrer Heimat angekommen und werden ihre Freunde aus Rheine schon in einem halben Jahr wiedersehen: „Vom 06. bis 13. April 2020 ist unser nächstes Trainingslager in St. Laurent-Blangy schon fest geplant“, verkündete Reinhard Ross.

Text: H.-P. Wagner